Der Tag war lang. Von der Morgenandacht im Hotel bis zur Arbeitskreissitzung am späten Abend. Auch heute standen wieder viele wichtige Themen auf der Agenda der Frühjahrstagung der Landessynode. Vor mir ragt die Fassade von Schloss Ehrenburg aus dem 16. Jahrhundert in den nächtlichen oberfränkischen Himmel. Plötzlich bin ich nicht mehr allein. Neben mir Gewimmel. Zwölf teils bärtige Männer unterschiedlichen Alters laufen um mich herum. Reden laut. Zuerst ist mir mulmig. Doch dann höre ich genauer hin und bin verblüfft. Ein ausgeprägter Akzent unterstreicht den optischen Eindruck: zweifellos Migrationshintergrund. Naher Osten oder so. Aber was sie besprechen klingt wie die Fortsetzung unserer heutigen Tagung des Kirchenparlaments:
„Hey, Thomas“, ruft einer, den die anderen Bartholomäus nennen, „was sagt jetzt eigentlich der Rechtsausschuss zum Kirchengesetz über das Verfahren zum Erwerb einer der Pfarrausbildung gleichgestellten Qualifikation zum Quereinstieg in den Pfarrdienst?“ „Soweit kamen wir leider gar nicht“, erwidert der Angesprochene, wobei ihm ein neben ihm stehender Johannes nickend zustimmt, „wir sind im Ausschuss noch bei der Frage hängengeblieben, ob wir der Synode die Zustimmung zur Errichtung einer neuen unselbständigen Einrichtung für Kirchen- und Gemeindeentwicklung gemäß Art. 43 Abs. 2 Nr. 5 Kirchenverfassung empfehlen sollen.“ „Was ist denn das für ein Klein-Klein“, wettert da ungestüm ein Judas, den sie Sohn des Jakobus nennen, „ging es heute nicht hauptsächlich um das neue KliSchG?“ „KliSchG?“, fragt ein junger Matthias etwas hilflos. Er ist offenbar noch neu in der Runde. „Klimaschutzgesetz der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern“, löst ein graumelierter Neunmalklug das Kürzel auf, der verdächtig nach einem Philippus aussieht.
„Stimmt genau“, schaltet sich ein Andreas in die Unterhaltung ein, „aber sag mal, Matthäus, gab es heute in den Gremien neben den Vorlagen nicht auch Eingaben und Anträge zu beraten?“ Der Angesprochene seufzt und erwidert: „Na klar, die Nummern 82 bis 99 in dieser Synodalperiode. Darunter ein Antrag zur Ermöglichung und finanziellen Ausstattung von Balkonkraftwerken auf kirchlichen Gebäuden.“ „Und wenn ich mich nicht irre einen“, ergänzt etwas müde ein neben ihm stehender Simon, „zur Verwendung der Gender-Schreibweise in der ELKB.“
„Seufzen ist hier aber fehl am Platz“, rügt mit entschiedener Stimme darauf einer der Ältesten, den sie Jakobus nennen. „Ihr werdet sehen, in zweitausend Jahren sind das alles notwendige, ernsthafte und wertvolle Punkte, die durchaus ihre Berechtigung im Leben einer noch zu gründenden Kirche haben, wenn diese unserem gemeinsamen Anliegen Profil und Konzentration verleihen will!“
Da wird es still auf dem Coburger Schlossplatz um mich herum. Nur ein leichter Wind kommt auf und bläst, so scheint es mir, mitten in die Gruppe der Männer hinein. „Freunde“, sagt einer mit Rauschebart, der bisher schweigend zugehört hat, „es wird Zeit aufzubrechen. Mir brennt der Schädel so seltsam. Außerdem haben wir alle morgen einen wichtigen Termin in Jerusalem. Da hat sich so ein windiger Special Guest angesagt, und ich soll die Festrede halten. Ich hab’ zwar noch keine rechte Idee, was ich da genau sagen soll. Aber mir wird schon spontan etwas einfallen. Etwas, das an das Wunder anschließt, das wir vor neunundvierzig Tagen erlebt haben. Das mit dem leeren Grab, dem besiegten Tod und der Zäsur in der Weltgeschichte, die auch alle künftigen Generationen fundamental herausfordern und betreffen wird. Ihr wisst schon.“
Die elf angesprochenen Orientalen nicken stumm. Nur der Jüngste, Matthias, kann nicht an sich halten. Kickt eine leere Bierdose über das Coburger Pflaster und meint süffisant: „Aber trink nicht mehr so viel, lieber Petrus, sonst denken Deine Zuhörer morgen alle, dass Du voll des süßen Weins bist.“ „Dir wird das Spotten schon noch vergehen“, kontert der Angesprochene, erblickt mich plötzlich und spricht mich an: „Komm Du auch mit, unbekannter Freund. Nach so vielen Sitzungen in Tagungsräumen könntest Du wahrlich etwas Jerusalemer Luft gebrauchen. Und vielleicht wird Dir dann auch wieder etwas bewusster, warum es sich lohnt, sich für die Kernbotschaft unseres Glaubens auch in der Synode zu engagieren.“
Der Platz vor Schloss Ehrenburg liegt wieder still und ruhig im Dunkeln. Kein Mensch weit und breit. Ich selbst? Ich bin mit den Männern auf dem Weg nach Jerusalem. Und ich bin schon sehr gespannt, wer wohl dieser Special Guest ist, der da morgen kommen soll.
Ihr Dr. Philipp Hildmann
Kolumne April 2024
„Auf Treu und Glauben“
Glauben spielt in unserer Welt eine viel größere Rolle, als wir gemeinhin annehmen. Wer Kredit hat, der ist glaubwürdig. Dem kann man trauen. Das Wort Kredit kommt aus dem Lateinischen und heißt nichts anderes als Glaube. Deshalb sind Banker Gläubige – oder, wie man zur besseren Unterscheidung zu sagen pflegt, Gläubiger. Sie geben Kredit. Davon leben sie. Das heißt, sie verdienen ihr Geld durch ihren Glauben.
Offensichtlich sind die Banken bei ihrem Geschäft mit dem Glauben derzeit erfolgreicher als die Kirchen. Denn ihre Kassen werden voller, die der Kirchen aber leerer. Es scheint so, als ob die Sicherheiten, die eine Bank verlangt, bevor sie jemandem glaubt, zuverlässiger sind als die, die wir Gott zu bieten haben. Allerdings, auch für Banken ist Glauben immer ein Risiko. Das beweisen die Skandale und Kreditbetrügereien. Für Banken wie für Gott aber gilt das Wort aus dem Lukasevangelium: „Wem viel gegeben wird, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man viel fordern“
Also – Ihnen gute Tage im April – auf Treu und Glauben.
Ihr Pfarrer Johannes de Fallois
Kolumne März 2024
Heiliger Kilian
Heiliger Kilian, Kolonat und Totnan, Neumünster-Kirche, Würzburg Quelle: Wikimedia; von Christian "VisualBeo" Horvat - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 (Link)
Der aktuelle Gemeindebrief beschäftigt sich mit dem Thema: Heilig.
Die evangelisch-lutherische Kirche folgt dem Heiligenkult der römisch-katholischen Kirche nicht in dem Sinne. Denn, wenn wir die Kriterien der katholischen Kirche für einen Heiligen anlegen, heroischer Lebenswandel und mindestens 4 Wunder, dann können wir eher nicht nach Heiligen bei uns suchen. Nach evangelischem Verständnis ist die Heiligenverehrung ein Rest des vorchristlichen Polytheismus, also eigentlich heidnisch. Die Heiligenverehrung hält von der eigentlichen Christuskonzentration ab. Wir brauchen keine Fürsprecher vor Gott, denn wir dürfen, dank Jesus Christus, Gott direkt als Vater ansprechen und ihn bitten.
Aber wir beten in unserem Credo: „…ich glaube..an die Gemeinschaft der Heiligen…“
Wenn wir uns nun darauf verständigen können, dass Heilige Vorbilder im Glauben sind, die wir nicht verehren, denen wir aber doch eine besondere menschliche Qualität zusprechen, dann können wir wohl nach ihnen suchen.
Wer sind denn unsere Heiligen? Machen wir uns doch auf die Suche in unseren Vor- und Familiennamen.
Mein Mädchenname ist „Kilian“.
Der heilige Kilian soll der Legende nach an der Wende des 7. Zum 8. Jahrhundert die iro-schottische Mission in Franken begonnen haben. Demzufolge kam er mit seinen 11 Begleitern (12 Apostel) 686 nach Würzburg. Zusammen mit seinen engsten Begleitern Kolonat und Totnan soll er in der Stadt Würzburg und ihrer Umgebung gepredigt und missioniert haben. Sie wurden daselbst angeblich von Galiana, der Ehefrau des fränkischen Herzogs Gosbert, ermordet. Die Ehe des bereits getauften Herzogs galt nach Kirchlichem Recht als verboten, da Galiana die Witwe seines Bruders war, was sie aber strikt ablehnte und den drei Missionaren auflauerte, als ihr Gatte auf Reisen weilte.
Die Gebeine der drei Missionare sollen im Pferdestall verscharrt worden sein, an dessen Stelle sich heute die Neumünsterkirche befindet. Nach Auffindung des Grabes, in dem sich auch angeblich das sogenannte „Kilian-Evangeliar“ befand, durch Bischof Burkard, den ersten Bischof Würzburgs, wurden Kilian, Kolonat und Totnan rasch als Heilige eingestuft, was wohl in der damaligen Zeit üblich war..
In Analogie an andere Memorialbauten, wie dem Petersdom, wurde an der dieser Stelle 1711 ein Kuppelbau errichtet , in der auch heute noch die Gebeine der drei Heilligen in der Kiliansgruft aufbewahrt werden. Ihre Schädel allerdings befinden sich in einem besonderen aus Bergkristall geschaffenen Schrein in der großen Würzburger Kilianskirche. Die Stadt Würzburg verehrt ihren Kilian sehr. Während der Kiliani-Woche, einer großen Verkaufsmesse mit Volksfest, im Juli jeden Jahres wird auch heute noch der Schrein in einer großen Prozession zur Schau gestellt. Der katholische und evangelische Gedenktag ist der 8.Juli, in Würzburg wird er als Hochfest gefeiert, wiewohl er kein offizieller Gedenktag im allgemeinen katholischen Kalender ist.
Geboren wurde Kilian angeblich im irischen Mullagh im County Cavan. Dort existiert eine ihm geweihte Kirche und das Kilians Heritage Centre.
Orte können wir aufsuchen und uns auf die Suche nach den Spuren „unserer“ Heiligen machen.
Wenn Sie Sich angesprochen fühlen, es lohnt sich!
In Würzburg war ich bereits mehrmals, Mullagh steht noch auf meiner Liste.
Bleiben sie behütet, Dr. Gunhild Kilian-Kornell, Mitglied des KV
Kolumne Februar 2024
„Eine Lehrgeschichte“
Lieber Leser,
in den Lehrgeschichten des maurischen Andalusiens ist folgende Begegnung eines Spaniers mit einem Andalusier überliefert: Der Spanier, der an einem Gemeinschaftshaus der Andalusier in der Nähe von Cordoba Station machte und zum Abendessen einkehrte, sah irritiert zu, wie der Andalusier an seinem Nebentisch sein opulentes Mittagsmahl ihm mit einladender Handbewegung überlies und sich selber eine schlichte Schüssel Gemüse servieren ließ. Er wendete sich Irritiert an den Andalusier: "Sie verzichten also freiwillig auf all diese Leckereien?", fragte der Spanier ungläubig. "Nicht Verzicht, sondern eine Einladung, zudem für mich Besinnung auf Einfachheit", erwiderte der Andalusier mit einem Augenzwinkern. "Es geht darum, das zu schätzen, was wirklich zählt – nicht nur auf unserem Teller, sondern im Leben."
Diese Anekdote leitet uns zu einer tieferen Betrachtung der Fastenzeit, insbesondere im Licht des diesjährigen Fastenmottos der evangelischen Kirche in Bayern: "Komm rüber! Sieben Wochen ohne Alleingänge". Hier in unserer kleinen Geschichte aus dem heißen Cordoba, wird durch den Verzicht des einen nicht nur dessen Körper geschont, es entsteht auch Gespräch und Gemeinschaft.
Gemeinschaft ist in der Natur etwas überlebenswichtiges. So zum Beispiel die tropische Schmetterlingsart Heliconius, die sich spätnachmittags zu kleinen Gruppen zusammenfindet, um die Nacht gemeinsam zu verbringen und sich so vor Fressfeinden zu schützen, lädt uns auch das Fastenmotto dazu ein, die Gemeinschaft bewusst zu leben.
Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister, Botschafter der Fastenaktion, betont die Bedeutung des Miteinanders: "Wir brauchen den Blick, das Ohr, die Hand der anderen." Dieses Miteinander soll nicht nur das Verhältnis zu Partnern, Freunden und Familie stärken, sondern auch den Dialog mit Menschen fördern, die eine andere Meinung vertreten. Das Fasten bietet uns eine Chance, über unsere individuellen Grenzen hinauszuschauen und die Kraft des gemeinsamen Handelns zu entdecken. So dürften wir es in der kleinen Anekdote auch hören.
Die Fastenzeit ermutigt uns, gegenüber Andersdenkenden eine Brücke zu bauen und den ersten Impuls der Gegenrede zu überwinden. In einer Zeit, in der gesellschaftliche Polarisierung und das Gefühl der Einsamkeit zunehmen, erinnert uns die Initiative daran, wie essentiell das Miteinander für unser Wohlergehen ist.
In dieser Fastenzeit geht es also nicht nur um den Verzicht auf Nahrungsmittel oder die Praxis des Intervallfastens, sondern vielmehr um eine Einladung, unsere sozialen Bindungen zu stärken und uns der Vielfalt menschlicher Erfahrungen zu öffnen. Es ist eine Zeit, in der wir dazu aufgerufen sind, Gesprächsangebote zu machen und Räume für Begegnungen zu schaffen, die uns alle ein wenig näher zusammenbringen.
So wie der Heliconius-Schmetterling uns ein Beispiel für die Bedeutung der Gemeinschaft in der Natur gibt, so lädt uns das Motto "Komm rüber! Sieben Wochen ohne Alleingänge" ein, die Freude und den Schutz des Miteinanders in unserem eigenen Leben zu entdecken. Lassen wir uns in dieser Fastenzeit inspirieren, Brücken zu bauen, Grenzen zu überwinden und gemeinsam die Leichtigkeit und das Glück des Zusammenseins zu genießen.
Das wünsche ich Ihnen, Ihr Pfarrer Simon Döbrich
Kolumne Januar 2024
„Guter Rutsch!“
Mit dem Mitternachtsschlagen unserer Kirchenglocken ist am 31.12. das Jahr zu Ende gegangen. Der Abend zwischen den Jahren schließt die vergangenen 12 Monate ab. 365 Tage des Jahres 2023 liegen hinter uns. Wie schnell doch die Zeit vergeht. Der Jahreswechsel: in den Geschäften ist das die Zeit für Inventur, zum Nachschauen: was haben wir, was haben wir nicht mehr, was brauchen wir. Der Jahreswechsel – vielleicht ja auch für Sie die Chance ein persönliches Resümee zu ziehen. Was hat dieses Jahr jedem und jeder von uns gebracht? Auf erlebte, durchlebte Wochen, auf erlittene und gefüllte Tage und Stunden schauen wir in diesen Tagen zurück.
Manchen steht deutlich vor Augen, wieviel ihnen in der Zeit dieses Jahres geschenkt worden ist: „Ein Datum, ein Fest haben wir feiern können. Eine Begegnung hat uns erfüllt und glücklich gemacht. Ein Mensch ist uns wertvoll geworden. Ein berufliches oder privates Ziel haben wir erreicht." Dankbar schauen sie zurück und sagen. "Wir sind reicher geworden."
Manchen aber wird auch bewusst: "Wir sind ärmer geworden. Menschen haben uns verlassen, Kräfte sind weniger geworden, ein Stück Gesundheit ging verloren, Lebenskreise sind enger geworden.“ Für manche von uns fällt dieses Mal der Jahresrückblick düsterer aus als das zu Beginn zu erwarten war.
Wie also damit umgehen mit dem Jahreswechsel? Altem nachtrauern? Oder gute Vorsätze fassen für die nächste Zeit? Oder sich überraschen lassen und einfach rüber-rutschen ins neue Jahr.
Das meinen zumindest die, die sich in diesen ersten Tagen des neuen Jahres einen guten Rutsch wünschen. Dabei hat dieser Wunsch gar nichts mit rutschen zu tun. Er stammt aus dem jiddischen und meint, einen guten „rosch“. Rosch heißt aber übersetzt „Anfang“. „Rosch ha schana“ ist der Jahresanfang, und dass der gut wird, das kann man getrost einander wünschen.
Ich wünsche Ihnen das auch: einen guten Rutsch, einen guten Jahresanfang. Und dazu Gottes reichen Segen. Für mich ist nämlich der, der mein Leben im letzten Jahr in den Händen gehalten hat auch der beste Garant und Trost, dass ich auch in der kommenden Zeit bei ihm gut aufgehoben bin. Und was ich zu einem gelingenden Jahr 2024 tun kann, sagt mir die Jahreslosung für dieses gerade begonnenen Jahr aus dem 1. Korintherbrief (16,14) „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“
Einen guten Rutsch und Gottes Segen für 2024, Ihr Pfarrer Johannes de Fallois
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Ökumenische Nachbarschaftshilfe und Ambulante Krankenpflege Starnberg
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Flohbasar des Frauenkreises
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