Kolumne Juni 2023

„getauft statt getaucht“

Es ist Juni – auch unsere Kirche ist jetzt nicht mehr so ausgekühlt. Wohl auch deshalb hat jetzt wieder die Taufsaison begonnen. Nicht, dass im Herbst und Winter keine Kinder geboren worden wären, oder dass eine Kindstaufe neben der Weihnachtskrippe unterm Christbaum nicht seinen ganz eigenen Charme hätte, aber es feiert sich halt leichter in der warmen Jahreszeit. 
Also haben Eltern in den letzten Wochen verstärkt bei uns Pfarrern nachgefragt, unsere Homepage zum Thema befragt und sich dann konkret mit dem Wunsch nach Taufe ihres Kindes ans Gemeindebüro gewandt. Mit uns Pfarren wurde ein Taufgespräch geführt und dann ist es endlich so weit. Die Wochenenden bis in den Sommer sind ziemlich voll, an manchen Samstagen gibt’s nur noch Termine ab 16 Uhr. Wie schön, auch weil jetzt noch manche Kinder getauft werden, bei denen Eltern und Familien wegen Corona lange noch mit Taufe und Fest gezögert haben.
Eine Tendenz übrigens ist, dass nicht mehr nur Säuglinge, sondern auch ältere Kinder getauft werden. Und das wiederum könnte zur Folge haben, dass es bei deren Taufe zu ungeahnten Komplikationen kommt. Mir ist das vor einigen Jahren schon mal passiert „Nein, ich will nicht, ich will nicht getauCHT werden!“ beteuerte da eine Dreijährige aus tiefstem Herzen und wehrte sich mit Händen und Füßen gegen das dezente Beträufeln mit Wasser. Und sie hat wirklich getAUCHT statt getauft gesagt. Was also tun?
Ein schreiendes, strampelndes Kind zur Taufe zu zwingen, wäre keine gute Sache – das Geschenk der freien Gnade Gottes bekäme so einen merkwürdigen Beigeschmack. Also sind Einfühlungsvermögen und pädagogisches Geschick gefragt: Manch ein kleiner Mensch konnte so schon von der Ungefährlicheit des Vorgangs überzeugt werden, indem er vorher seine Hand in das angewärmte Taufwasser tauchen durfte. Andere geben sich zufrieden, wenn sie auch mit 5 Jahren noch auf Mamas oder Papas Arm (statt durch die Paten) über den Taufstein gehalten bzw. zu ihm geleitet werden.

Und in den hartnäckigen Fällen, wenn die Taufe im Gottesdienst geplant war, musste das Ritual halt auf nach dem GD verschoben werden: Ohne die vielen Zuschauer in den Kirchenbänken war die Taufe für den widerspenstigen Knirps dann kein Problem mehr. Im Einzelfall hilft auch ein gutes Vorbild. – so auch schon erlebt vor einiger Zeit: Mutter und Sohn sollen gemeinsam getauft werden. Zuerst, so war es vorgesehen, der Vierjährige, der aber im entscheidenden Moment zurückzuckte. „Soll ich zuerst deine Mama taufen?“ habe ich dem Kleinen ins Ohr geflüstert. Der nickt, guckt mit großen Augen zu – und lässt die Taufhandlung anschließend ohne Gegenwehr über sich ergehen. Die beste Maßnahme gegen solche Zwischenfälle ist und bleibt übrigens – finde ich – immer noch: gute Vorbereitung der kleinen Täuflinge. Aber daran hapert´s zunehmend – auch weil die Eltern selbst nur noch wenig Ahnung haben. Das Kind soll sich mal selbst entscheiden – heißt es dann in klassischer Weise. Und wenn es dann getauft werden will, muss Pfarrer oder Pfarrerin her und dem Sprössling das erklären. Mache ich wirklich gerne, alles gar kein Problem. Nur ist auch dies eine Tendenz, die wir in Schulen und Kindergärten immer mehr beobachten: Eltern geben ihre Verantwortung gerne ab, an Lehrerinnen und Lehrer, an Erzieherinnen und Erzieher, an Pfarrerinnen und Pfarrer und die Kirchengemeinde, letzteres meint dann vor allem den Kirchenvorstand. Und die sind dann natürlich auch immer gleich alle schuld, wenn´s schief geht. Und dann ist das Geschreie groß. Selber Verantwortung abgeben, auch, weil man selbst nur noch wenig Ahnung hat oder nicht mehr den Mut, ZU etwas zu stehen oder sich GEGEN etwas zu entscheiden. Diese Lauheit finde ich „gruselig“ – nicht nur in der religiösen Erziehung. Da hat die Säuglingstaufe doch was Entscheidendes für sich: Geschenk, reines Geschenk, ohne alles eigene Zutun, ohne alle Bedingung, ohne alle Verantwortung: allein aufgrund der Gnade und Liebe unseres Gottes. ER handelt und ER verspricht, dass es gelingt, dass Segen drauf liegt – wegen oder – trotz – des Zutuns von Eltern, Paten. Pfarrers und Gemeinde.

 Johannes de Fallois, Pfarrer

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