Kolumne März 2023
Zu Besuch bei Jesus in Washington
Washington Hilton
Ein Philippino mit silbernen Totenkopfringen. Eine fröhliche NGO-Vertreterin aus Nigeria. Eine Parlamentarierin mit leuchtend grünem Kopfschmuck und ihr unscheinbarer Kollege aus dem Südsudan. Ein US-Amerikaner wie aus dem Cowboy-Bilderbuch. Und ein distinguiertes Ehepaar aus Albanien. Wenn ich an meinem Frühstückstisch beim jährlich stattfindenden Nationalen Gebetsfrühstück in Washington D.C. um mich blicke, dann müsste es wohl eher International Prayer Breakfast heißen.
Visitenkarte
Auf Einladung der beiden Kammern des amerikanischen Kongresses kommen hier seit 1953 Christinnen und Christen aus aller Welt zusammen, um gemeinsam mit dem jeweils amtierenden US-Präsidenten über die Lage der Welt nachzudenken und – gemeinsam zu beten. Das geschieht ganz offiziell auf der großen Bühne vor 1.600 Teilnehmenden aus über 60 Ländern. Das geschieht aber auch in den vielen Hintergrundgesprächen am Rande des Treffens in den Suiten des weitläufigen Hotels, das mit seinem riesigen Veranstaltungsraum im Souterrain einst extra für dieses Gebetstreffen errichtet wurde.
Wandschmuck in einer kleinen Hilfsorganisation, die sich in einem Problemviertel um Kinder und Jugendliche kümmert
Man kann mit Recht nun viele Fragen stellen, was das Ganze soll, wie politisch motiviert das ist, ob die stark evangelikale Ausrichtung des Treffens unserem lutherischen Verständnis entspricht etc. Für einen Moment dürfen wir das alles aber beiseitelassen und auf das Wunder blicken, das hier alljährlich geschieht. Aus allen Ecken dieser Erde strömen zu diesem Treffen grundverschiedene Menschen zusammen, die doch eines verbindet: der Glaube an Jesus, den Christus. Und sie tun das, was er uns aufgetragen hat. Sie beten. Sie beten zusammen. Sie beten für diese fragile und geschundene Welt. Und sie lassen sich tragen von der Zusage desjenigen, der sie an diesen Ort zusammengeführt hat: „Ich bin bei euch, alle Tage bis an der Welt Ende.“
Mit unserer kleinen Delegation aus dem Deutschen Bundestag sitze ich in so einer Suite im zehnten Stock. Krawatten, Kekse, Cola. „Lasst uns nicht über Politik reden“, eröffnet unser Gastgeber, ein amerikanischer Geschäftsmann mit deutschen Wurzeln, das Gespräch. „Was hast Du mit Jesus erlebt in diesen Tagen? Welche Begegnungen hat er Dir geschenkt? Welchen Auftrag nimmst Du von hier mit?“ Und so legen wir zusammen. Was uns bewegt. Was uns klargeworden ist. Was wir über den Atlantik wieder nach Hause mitnehmen. In unsere Familien. In unseren Alltag. In die Politik. Und dann fordert er uns auf, das zu tun, wozu wir eigentlich hier sind: „Let’s pray together in Jesus name.“ Und wir tun es. Wir beten gemeinsam. In Jesu Namen.
Ihr
Dr. Philipp Hildmann